Portrait: Alexandru Domitian Pop (Sandu), 43 Jahre alt
Sandu wurde von seiner Mutter nach der Entbindung im Krankenhaus einfach zurück gelassen. Er kam in ein Heim für Babys und Kleinkinder, wo er bis zu seinem 5. Lebensjahr niemals im Freien war. Er kannte keine Sonne, keinen Wind, nicht den Geruch von Gras, kein Spielzeug, keine Lieder, keine Geschichten, Autos waren ihm fremd. Er wusste nicht einmal, dass jeder Mensch einen Namen hat. Mit mehreren Kindern teilte er ein Bett und das dürftige Essen. Wer in diesen Heimen in der kommunistischen Ära überlebte, war stark. Eine Ratten- und Mäusephobie ist ihm aus jener Zeit geblieben.
Mit fast 6 Jahren kam er in ein Heim, an dem eine Schule angeschlossen war. Nun musste er draußen spielen, was ihn sehr verängstigte, da er es nicht gewohnt war. Das wenige Essen, das Ungeziefer und der Mangel an Zuwendung blieben gleich. Zum Glück wehte nach der Revolution ein anderer Wind. Ein neuer Direktor kam, der sich seiner annahm, und er konnte die Wochenenden in einer Familie verbringen. In dieser Zeit lernte er auch Gerhard Spitzer kennen, der vom österreichischen Bauhilfeorden nach Rumänien geschickt wurde, um sanitäre Anlagen zu reparieren. Er wurde eine Art Vaterersatz. Sandu besuchte später die Berufsschule, um das Handwerk eines Tischlers zu erlernen. Gerhard verschaffte ihm Praktika in Österreich, und so wurde Sandu Gerhards rechte Hand auf allen späteren Sozialbaustellen.
Heute gibt es kein Bauhandwerk, das er nicht beherrscht. Ein Weiterführen der Bauprojekte ohne Sandu wäre undenkbar. So ist es bitter, dass jemand, der täglich arbeitet, oft auch an Wochenenden und Feiertagen, weder eine Krankenversicherung noch eine Chance auf eine spätere Pension hat. Sandu befindet sich in einer Zwickmühle. Angebote aus Deutschland für eine dauerhafte Arbeit hat er in der Vergangenheit abgelehnt, weil er sich nicht vorstellen kann, Gerhard mit seinen Projekten alleine zu lassen. In den letzten Jahren wurde er von Freunden aus Deutschland mit einem kleinen Taschengeld und Kleidung unterstützt. Von einem regelmäßigen und auch nur nahezu angemessenen „Gehalt“ für seine Arbeit bei den Ärmsten der Armen kann jedoch nicht im Ansatz die Rede sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange er diesem Druck noch standhalten kann.