Frühjahrsbesuch 2021 in Luncani
Auch im 2. Coronajahr ist Improvisieren angesagt.
Nachdem ich wochenlang nahezu täglich die Pandemieentwicklung in Rumänien nebst Reisebeschränkungen verfolgt hatte, fuhr ich am Ostermontag los, im Gepäck eine Gefriertruhe, einige Säcke Kleider und andere Sachspenden sowie jede Menge Vorfreude, trotz aller Vorbehalte und Warnungen seitens Familie und Freunden. Die Fahrt lief hervorragend, leere Autobahnen, leere Grenzen und nach 15 Stunden recht sportlichen Fahrens erwartete mich ein herzliches Willkommen im Vereinshaus in Luncani. Ich hatte mir im Vorfeld Gedanken gemacht, was ich trotz Maskenpflicht und Ausgangssperren an Aktionen unternehmen könnte. Das Leben aber schreibt seine Geschichten meistens selbst.
Am nächsten Morgen besuchte ich Momo und Toto (siehe Portraits). Im Laufe des Gespräches über den großen Garten, den beide haben, aber nicht mehr alleine bewirtschaften können, ergab sich schon das erste kleine „Projekt“. Arbeitseinsatz in freier Natur mit Spaten, Harke, Hacke, Samen und natürlich einigen freiwilligen Helfern. Andrei und Cole, zwei Jungs von ICAR, haben sich gefreut, als ich sie um Hilfe bat.
Und so junge Männer graben doch ein wenig schneller und ausdauernder als ich. Ganz nebenbei lernte ich, wie man Kartoffeln in die Erde legt und anhäufelt. In Momos Sommerküche hatte der Winter einen starken Schimmelbefall verursacht, und so beschlossen Sandu und ich, Materialien für eine Renovierung zu kaufen. Wie ich hörte, wurde direkt nach meiner Abreise mit den Arbeiten begonnen.
Dank der Hilfe unserer Spender und Vereinsmitglieder konnte ich Geld mit nach Luncani nehmen, um die für dieses Frühjahr geplanten Arbeiten rund um das Vereinshaus finanzieren zu können. Verschiedene Baumaterialien wurden bereits gekauft und sind angeliefert worden. Sowie das Wetter es zulässt, wird Sandu mit der Arbeit beginnen. Eine weitere Lehrbaustelle für die Jugendlichen von ICAR, die ihm dabei zur Hand gehen werden.Eine Baustelle (Betonplatte für eine Garage) gab es auch bei einem Nachbarn, der den Verein oft unterstützt, mit Fahrdienst, Lebensmitteln und guten Kontakten zur Gemeindeverwaltung. Diese Baustellen sind wichtig für die jungen Männer aus den Romasiedlungen, da sie hier, unter Sandus Anleitung, Erfahrungen im Baugewerbe sammeln können. Nach dem Abschluss der Schule wird ihnen das zugute kommen. Oft ist die Arbeit “ la construcție“ die einzige Möglichkeit, um als Erwachsener seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Neues gibt es auch von Valentin und seiner Familie zu berichten. Sie haben ihr Haus gestrichen, ein Fenster, welches sich öffnen lässt, im Schlafzimmer eingebaut (das ist nicht selbstverständlich, denn diese sind teurer als einfache Glasscheiben mit Rahmen). Sie verfügen nun über einen legalen Stromanschluss. Da ich bei ihnen 2019 Trauzeugin war, liegen sie mir besonders am Herzen. Ich habe mit Kati gemeinsam gekocht, mit den Kindern gemalt und gespielt, mit Valentin über künftige Ideen zur Verbesserung der Bausubstanz und der Lebensqualität gesprochen. Trotzdem die Eltern nahezu Analphabeten sind, bemühen sie sich um Eigeninitiative, haben erkannt , wie wichtig Bildung für ihre zwei Kinder ist.
Natürlich habe ich auch den Familien in der Siedlung ICAR einen Besuch abgestattet. Es gibt wieder einige Babys und eine Hochschwangere. Ihr brachte ich Sachen, die eine werdende Mutter braucht (Babykleidung, Spielzeug, Lebensmittel). Außerdem organisierte ich einen Malnachmittag mit allen Kindern. Wir malten, aßen Lebkuchen, hörten Musik und fühlten uns einfach nur wohl.
Eine schöne Abwechslung vom Alltag ohne Schule. Durch das Home-schooling geraten die Kinder in den Romasiedlungen noch mehr ins Abseits. Wenn es keinen permanenten Strom gibt, nützen auch die verteilten Tablets seitens der Regierung sehr wenig. Auch macht uns die Zufahrt zur Siedlung, nachdem sie vor einigen Jahren durch Legung einer Drainage wieder passierbar wurde, nun wieder sehr viel „Freude“. Na ja, wenigstens wird man beim Suchen nach neuen Projekten immer schnell fündig.
Von Weihnachten waren noch viele Pakete der Aktion „Weihnachtstrucker“, durchgeführt von den Johannitern aus Nürnberg, im Vereinshaus verblieben. Diese konnten wir nun in der Siedlung in Luna an alle Familien verteilen. Damit ist diese Aktion abgeschlossen.
Insgesamt war es eine recht improvisierte Reise. Aber in diesen Zeiten kann man nicht planen. Meine Hoffnung ist es, im September die Zahnarztbehandlung wieder aufnehmen zu können. Überall, wo ich hinkam, haben mich die Menschen danach gefragt und mir über ihre Zahnprobleme berichtet. Speranța moare la ultima! Die Hoffnung stirbt zuletzt! Bleiben wir optimistisch, liebe Freunde und Sponsoren. Lassen wir nicht nach in unseren Bemühungen, getreu unserem Motto: Wir lassen nicht locker!
Herzliche Grüße an alle, Eure Annette